Nichtlineares Dämpfungsverhalten geklebter Konstruktionen in Abhängigkeit der Schwingspielzahl (Nichtlineare Dämpfung)

  • Ansprechperson:

    Dr.-Ing. Jannis Damm

  • Förderung:

    DVS, DLR-PT

  • Projektbeteiligte:

    Laboratorium für Werkstoff- und Fügetechnik LWF, Universität Paderborn; Lehrstuhl für Technische Mechanik LTM, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

  • Laufzeit:

    2024-2027

Problemstellung:

Die Bundesregierung hat den Leichtbau in der nationalen Industriestrategie 2030 als „Game-Changer-Technologie des 21. Jahrhunderts“ eingestuft. Der Einsatz geeigneter Leichtbauweisen dient nicht nur zur Steigerung der Ressourceneffizienz und zum nachhaltigeren Umgang mit den eingesetzten Werkstoffen, sondern auch zur Gewichts- und Kostenreduktion von Bauteilen und Konstruktionen. Der Leichtbau ermöglicht dadurch nicht nur eine Einsparung von Ressourcen, sondern führt auch während des gesamten Lebenszyklus zur Einhaltung ökologischer und gesellschaftlicher Ziele. Gewichtsoptimierte Konstruktionen weisen bei dynamischer Erregung jedoch eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Schwingungen auf. Diese können zu einer höheren Beanspruchung von Konstruktionen und deren Verbindungen führen, wodurch die Lebensdauer reduziert werden kann. Hieraus folgt die Notwendigkeit, relevante Schwingungen durch geeignete Maßnahmen zu minimieren. Wie im abgeschlossenen FOSTA-Forschungsprojekt P 1272 „Dämpfende Knoten“ gezeigt wurde, können viskoelastische Klebstoffe durch deren viskoelastisches Materialverhalten einen Beitrag zur Strukturdämpfung liefern.

Bisherige Materialmodelle zur Berechnung der Dämpfungseigenschaften dynamisch beanspruchter Klebverbindungen sind auf den linear viskoelastischen Deformationsbereich der Klebschicht mit Gleitungen < 2 % beschränkt. Real auftretende Deformationen liegen jedoch häufig darüber. Zudem zeigen experimentelle Untersuchungen eine Abnahme der Lehrschen Dämpfung mit zunehmender Schwingspielzahl, die rechnerisch nicht erfasst werden kann.

Dämpfungsverhalten geklebter Proben bei zyklischer
Belastung (Quelle: LWF, Universität Paderborn)
Spannung-Gleitung-Hysterese (Quelle: LWF, Universität Paderborn)

Zielsetzung:

Ziel des Forschungsprojekts ist die Erweiterung der im Projekt P 1272 gewonnen Erkenntnisse zu den Dämpfungseigenschaften schubbeanspruchter Klebungen. Der Fokus liegt dabei auf der Ermittlung, Berechnung und Beurteilung des Einflusses geometrischer und werkstofflicher Nichtlinearitäten auf die Dämpfungseigenschaften der Klebverbindungen. Folgende Nichtlinearitäten sollen berücksichtigt werden: (i) geometrische Nichtlinearitäten aufgrund großer Verzerrungen, (ii) eine verzerrungsabhängige Steifigkeit, (iii) von der Dehnrate nichtlinear abhängige Viskosität(en) und (iv) die nichtlineare Degradation dieser Materialeigenschaften mit steigender Schwingspielzahl.

Übersicht der im Forschungsprojekt betrachteten Nichtlinearitäten

Im Detail sollen die nachfolgenden Forschungsziele erreicht werden:

  • Kenntnis der Dämpfungseigenschaften und ihrer Degradation in geklebten Verbindungen bei materiell nichtlinearen Verzerrungen >4% unter zyklischer Beanspruchung
  • Entwicklung, Verifikation und Validierung (Konvergenz- und Stabilitätsverhalten) einer User Material Routine (UMAT) zur Modellierung finiter nichtlinearer Viskoelastizität mit schwingspielzahlabhängiger Degradation von Steifigkeit und Dämpfungseigenschaften
  • Kalibrierung der UMAT anhand der experimentellen Daten
  • Validierung der neuen Dämpfungsmodelle anhand experimenteller Untersuchungen an komplexen bauteilähnlichen Proben unter Variation von Frequenz, Amplitude und Randspannungsverhältnis
  • Entwicklung einer Methodik zur rechnerischen Berücksichtigung der nichtlinear viskoelastischen Klebstoffdämpfung und ihrer Degradation bei der Auslegung geklebter Verbindungen

Das Konzept soll auf Konstruktionen und Strukturen aus dem Stahl-, Fahrzeug-, Schwingmaschinen- und Anlagenbau anwendbar sein. Mit dem Konzept sollen KMUs in die Lage versetzt werden, das Dämpfungsverhalten dynamisch beanspruchter Strukturen über die Materialdämpfung des Klebstoffs in den Verbindungspunkten gezielt zu beeinflussen und zu verbessern. Infolgedessen können das dynamische Verhalten von Konstruktionen und Strukturen optimiert, die Lebensdauer erhöht sowie akustische Eigenschaften (Emission und Immission) optimiert werden. Neben dem Lastabtrag sollen die Dämpfungseigenschaften geklebter Verbindungen nutzbar werden. Dadurch entsteht ein wesentlicher technischer und wirtschaftlicher Vorteil für das Fügeverfahren Kleben sowie für die im Projekt beteiligten KMU.

Methodischer Ansatz:

Zunächst findet eine grundlegende Werkstoffcharakterisierung der Klebstoffe im nichtlinear viskoelastischen Bereich statt. Diese Daten werden im Anschluss zur Parameteridentifikation für das numerische Modell verwendet. Vorhandene Nichtlinearitäten und Degradationen werden implementiert. Das entwickelte Modell wird anhand zyklischer Versuche an standardisierten sowie bauteilähnlichen Probekörpern verifiziert und validiert.

Arbeitspakete der einzelnen Forschungseinrichtungen und Datenfluss im Forschungsprojekt

Wissenschaftlicher Vorteil:

Für Unternehmen soll es möglich sein, neben den hervorragenden Festigkeitseigenschaften von Klebstoffen zusätzlichen deren Dämpfungspotentiale im nichtlinear viskoelastischen Bereich zu nutzen.

Förderhinweis:

Das Projekt "Nichtlineares Dämpfungsverhalten geklebter Konstruktionen in Abhängigkeit der Schwingspielzahl (Nichtlineare Dämpfung)" wird im Rahmen des Programms „Industrielle Gemeinschaftsforschung“ durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Dieses IGF-Forschungsvorhaben 01IF23508N/1 // DVS-Nr. 08.3735 der Forschungsvereinigung Schweißen und verwandte Verfahren e. V. des DVS, Düsseldorf, wird an der Versuchsanstalt für Stahl, Holz und Steine (VAKA) des KIT, am LWF der Universität Paderborn und am LTM der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg bearbeitet.